Nina Staehli

Beschreibung

Nina Staehlis Interesse gilt Antiheldinnen und -helden (Touching Heroes, 2007) sowie allerlei obskuren Gestalten, die sie in Hundertschaften produziert. Selbst widerständig, zeigt uns die barbusige Künstlerin beide Stinkefinger (fucked my ego, 2011) oder schreibt «Ich bin frei von mir» mit Kreide auf Tafel (beides in der Publikation The Resistance, 2013).

Im Zentrum ihres Schaffens stehen die Big Heads (seit 2010), eine Werkgruppe aus vorläufig zwanzig als Ganzkopfmasken tragbaren Skulpturen. Die Köpfe sind Staehlis Compagnie, denen sie in Filmen, Performances und Installationen einen eigenen Kosmos erschafft und mit denen sie sich gleichsam auf Welterkundung begibt. Den Anfang machte Ruby Dean (2010). Im zugehörigen Film schreitet das Wesen mit vergoldeten Hörnern über den verschneiten Berninapass und uriniert in den Schnee. Was Nina Staehli, alias Ruby Dean, an der Vernissage des Buches And Ruby Dean (2011) auf ausdrücklichen Wunsch des Schriftstellers Tim Krohn ebenfalls tat, und zwar auf den Tisch, an dem dieser aus seinem Roman Vrenelis Gärtli las, eine der Inspirationsquellen der Künstlerin.

Yoshi und Moshi stolpern mit ihren schwarz und weiss beklecksten, dauerhaft staunenden Gesichtern ungelenk durch die Welt(geschichte), beispielsweise das ehemalige Stasigefängnis in Hohenschönhausen/Berlin (Culture Clash, 2012). Sie gärtnern Kohl im Cabaret Voltaire (Ein Fest für Yoshi und Moshi, 2012) oder besetzen zusammen mit anderen Big Heads das Österreichische Fernsehen (Occupy ORF, 2013). Im TV-Studio taucht auch Sparrow (2013) auf, mit dem Staehli in den USA den Trail of Tears (2014) beging; ein Weg, der an die Zwangsumsiedlung der indigenen Cherokee-Stämme Nordamerikas erinnert (Glory Land, 2015). Während die frühen Big Heads Abgründe menschlichen Verhaltens karikieren, stehen Werkreihen wie Glory Land und Occupy ORF deutlich in der Tradition politischer Kunst. Davon zeugen auch dutzende, in groben Pinselstrichen gemalte Outlaws (paper bags, 2014).

Zuletzt schuf die Künstlerin mit dem bisher umfangreichsten Werkkomplex Battlefields of Cupiditas (2019) der Gier ein eigenes Organ. Besucher und Besucherinnen der gleichnamigen Ausstellung können dieses in Form von raumfüllenden und luftgefüllten Gebilden, schier endlosen Assemblagen aus knochenartigen Plastiken, eines Forschungslabors, Films sowie Malereien erkunden. Selbst im eher statischen Ausstellungskontext ist deutlich spürbar, dass die Anfänge von Nina Staehlis Karriere im Theater liegen: Ihre Leidenschaft sind das multimediale Erzählen und die gesellschaftskritischen Geschichten, die sie mit ihren Figuren inszeniert.

Werke in institutionellen Sammlungen (Auswahl): Kansas City Art Institute; Venedig, Luciano Benetton Collection; Kunstsammlung Kanton Zug; Kunstsammlung der Stadt Zug.

Kunst im öffentlichen Raum / Kunst am Bau (Auswahl): Cham, Alterszentrum Büel; Cham, Friedhof; Luzern, Hotel Beau Séjour; Zug, Schulhaus Riedmatt.

Urs Küenzi, 2020

Via Industria 21, CH-6850 Mendrisio

www.ninastaehli.com / www. yoshi-moshi.com / Sikart / Wikipedia / IMDB

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